Totgesagte leben länger – zum Ende der Studentenverbindungen
Autor: Michael P.
Kürzlich publizierte das Medienportal Gegenstrom einen Artikel von Johannes Scharf unter dem Titel „Das Ende der studentischen Verbindungen“. Eine kluge und gut recherchierte Analyse des deutschen Korporationswesens, welcher aber noch einige Überlegungen an die Seite gestellt werden sollten. Daher nehme ich die Macher von Metapol beim Wort, die zur offenen Debatten einladen.
Vorweg – die Kernthese, daß das verbindungsstudentische, vor allem das burschenschaftliche Umfeld sich von einer revolutionären zu einer reaktionären Kraft entwickelt hat, teile ich. Es entbehrt in der Tat nicht einer gewissen historischen Ironie, daß die einst von Metternich Verfolgten sich ein Jahrhundert später als Staatstragende erwiesen haben. Der geschichtlichen Einordnung Scharfs habe ich auch nichts hinzuzufügen, wohl aber seiner Ausgangsfrage oder auch Forderung, ob bzw. daß das Ende der Verbindungen gekommen sei. Zwar spricht er ihnen nicht expressis verbis die Existenzberechtigung ab, aber ich lese ihn so, daß er die Ansicht vertritt sie hätten sich überlebt. Der Zeitgeist und mit ihm eine zur Verbindlichkeit unfähige Generation hätten die Studentenverbindungen obsolet gemacht.
Wenn ich ihn an dieser Stelle korrekt interpretiere, so möchte ich ihm – mit deutlichen Einschränkungen – widersprechen. Aus langjähriger Innenansicht kann ich behaupten, daß sich das Verbindungsmilieu deutlich heterogener darstellt, als es Außenstehende – zumal von linker Seite – häufig zu erkennen vermögen. Dieses Milieu ist letztlich auch nur ein Spiegelbild der bürgerlichen Mehrheitsgesellschaft. Es dominieren blutleere Konservative, brave Pennäler-Seelen, Opportunisten und Karrieristen sowie zuweilen dekadente Vollidioten. Gleichwohl existieren nach wie vor einzelne Bünde – vor allem, aber nicht ausschließlich – Burschenschaften, die exzellente nationalistische Netzwerke bilden. In denen freie Rede herrscht und das deutsche Brauchtum bewahrt und gelebt wird. Das sind Studentenverbindungen, die manchem jungen Mann Halt und Orientierung bieten. Die ihn für das ganze Leben erziehen und formen. Die ihm dauerhafte Freundschaften bescheren, die auch im hohen Alter nicht abreißen. Die ihm mit der Mensur einer Charakterprüfung unterziehen, welche die Lauen und Schwachen scheitern läßt.
Burschenschaften können nach wie vor sehr wirkungsvolle Kulminationspunkte in der gesamten deutschfreundlichen Bewegung darstellen. Burschenschafter arbeiten in Abgeordnetenbüros der AfD, organisieren die 1-Prozent-Bewegung, pflegen den intellektuellen Austausch in Schnellroda, unterstützen die Identitäre Bewegung (IB) und sind vereinzelt fest im Nationalen Widerstand und dessen Parteien und Gruppierungen verankert. Die Mitgliedschaft in einer Burschenschaft alleine macht aus keinem einen feurigen Vorkämpfer für das Vaterland. Es kann aber für manchen die entscheidende Initiation sein, um im prägbaren Jugendalter die persönliche Lebensweiche in die richtige Richtung zu stellen. Die burschenschaftlichen Netzwerke sind sturmerprobt und datieren noch aus Zeiten, als die politische Landschaft in Deutschland eintöniger war. Burschenschafter sind Richter, Lehrer, Staatsanwälte, Ärzte, leitende Angestellte und haben mannigfaltige weitere einflußreiche Positionen innerhalb von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft inne. Natürlich sind viele von ihnen korrumpiert, bequem und feige geworden –kurzum reaktionär. Aber in einigen glimmt sicher noch der Funke für die gerechte Sache. Könnte es sich eine neue Rechte leisten, auf diese Menschen, auf diese Netzwerke zu verzichten, weil sie sich nicht aus der Deckung wagen, weil sie eine gewisse soziale und ökonomische Fallhöhe erreicht haben, die sie nicht riskieren wollen? Wäre es nicht strategisch klüger, diese Personen in das eigene Wirken zu integrieren, ihnen Angebote zu machen, wie sie segenstiftend partizipieren können? Und mit Blick auf kommende Generationen: Bleiben die aufrechten Burschenschaften nicht eine wesentliche Anlaufstelle für junge Männer aus bürgerlich-akademischen Verhältnissen, die sonst nicht den Weg in die Bewegung finden würden?
Einmal mehr könnte man hier vom politischen Gegner lernen. Der revolutionäre Flügel der 68er ist längst unter dem Schutt der Geschichte begraben. Der gemäßigte Flügel hat hingegen den Marsch durch die Institutionen wirksam vollendet, bekleidet heute höchste Staatsämter und zieht seinesgleichen nach. Wir wissen nicht, was die Zukunft bringen wird, ob eine parlamentarische Rechte auf Dauer in der BRD bestehen kann, ob bemerkenswerte Initiativen wie Metapol oder Der Dritte Blickwinkel Jahrzehnte standhalten werden. Die Burschenschaften hingegen haben die Befreiungskriege, den Vormärz, das Kaiserreich, die Weimarer Republik, das Dritte Reich und sieben Jahrzehnte Bundesrepublik überdauert. Ihre Überlebenschancen stehen nicht so schlecht, möchte ich meinen.