Schwarzmond (Daniel Schnell)
Autor: Michael P.
Wie die jüngst an dieser Stelle besprochene Novelle Helmel von Johannes Scharf, stammt auch der Gedichtband Schwarzmond aus dem Hause Metapol. Es handelt sich dabei um das Erstlingswerk von Daniel Schnell. Vorab einige grundsätzliche Überlegungen: In einem siechenden deutschen Literaturmarkt schmilzt die Nische für kommerzielle Lyrik stetig vor sich hin. Und wer dann einen Blick in die zeitgenössischen Verkaufsschlager wirft, den überkommt das kalte Grauen. Profane Verbal-Diarrhö ohne Form, Maß und Tiefgang. Belanglosigkeiten zwischen Schminkspiegel und Wickelkommode – keiner weiteren Betrachtung würdig. Nun schickt sich also Metapol an, nach der Novelle auch das klassische Format des Gedichtbandes im Zuge einer neugeborenen rechten Hochkultur zu revitalisieren. Da schwingt eine erhebliche Erwartungshaltung mit, denn der Rezensent setzt als Referenz nicht den lyrischen Gegenwarts-Unrat, sondern die großen deutschen Klassiker. Und dem – so viel sei vorweggenommen – kann Daniel Schnell ehrlicher Weise noch nicht in vollem Umfang gerecht werden. In keiner anderen poetischen Gattung kommt es so sehr auf jede Zeile, jedes Wort, sogar jeden einzelnen Buchstaben an. So entscheidet sich Schnell – den Göttern sei es gedankt – durchgängig für Verse in Reimform. Ich persönlich finde den Verzicht darauf bei modernen Lyrikern unsäglich und betrachte das als Ausdruck von Unvermögen und Faulheit. In diese Falle tritt Schnell also nicht, gleichwohl ist er in seiner Form dann leider doch nicht ganz präzise genug. Ein durchgängiges Versmaß, eine gleichbleibende Silbenzahl, ein konsequentes Reimschema sowie der Verzicht auf unsaubere Reime oder grammatikalisch falsche Konstruktionen bilden gemeinsam das Fundament für wirklich epochale Dichtkunst – noch bevor man einen Gedanken an Inhalt und Botschaft verwandt hat. Es sind diese Parameter, die die Werke von Rainer Maria Rilke, Felix Dahn oder Rolf Schilling unsterblich machen.
Schnells Gedichte drehen sich im Wesentlichen um das politische, moralische und seelische Erwachen; die Selbsterkenntnis des Einzelnen sowie das Ausscheren aus dem Heer der Willenlosen. Man spürt, wieviel Herzblut in jedes der 16 Gedichte geflossen ist. Hier schreibt keiner über eine beliebige, ihm fremde Materie. Hier gewährt einer einen Einblick in sein innerstes Ringen. Nichts ist banal, nichts ist gleichgültig. Alles ist durchdrungen von einem wachen Geist. Schnell möchte seinen Lesern eine Fackel in der Dunkelheit sein. Ein Kompaß auf dem Pfad zur Erweckung des Göttlichen im Menschen. Mit der zuweilen ungestümen Leidenschaft des Jungen stürmt er an gegen die Bollwerke der Ignoranz. Er reißt die Mauern der Verblendung ein und schlägt Breschen in die Phalanx der Unbeseelten. Dabei ist aber immer auch Raum für Hader und Zweifel – solange diese ein läßlicher Zwischenschritt auf dem Weg ins Licht bleiben. Die Lektüre hat mir durchweg Freude bereitet und ich wünsche dem Künstler weiterhin viel Erfolg und viel Mut. Ich bin zuversichtlich, daß er sein lyrisches Handwerk noch weiter wird verfeinern können. Meine herzliche Bitte lautet daher, Schnells Mut und Elan zu würdigen, indem man den günstigen Gedichtband erwirbt. Wer weiß – vielleicht sendet hier ein zukünftiger Großer unseres Volkes seine ersten zarten Schatten voraus. Und dann dürfen wir uns rühmen, daß wir Zeugen seiner Werdung waren.