Der Blick in den Spiegel – zum Tod von Karin Ritter
Autor: Michael P.
Zugegeben – ich habe zunächst mit Ironie auf die Nachricht vom Tode Karin Ritters reagiert. Diese Frau aus Köthen in Sachsen-Anhalt, die mit ihrer Familie seit 28 Jahren von Stern TV und anderen Fernsehformaten porträtiert oder besser vorgeführt wurde und die nun im Alter von 66 Jahren in einer Obdachlosenunterkunft verstarb. Eine Frau, die zum Zerrbild einer lachhaften Asozialen verkam, die man als bräsiger Gutmensch reinen Gewissens so richtig aus tiefstem Herzen verachten durfte.
Gewalt, Alkohol- und sonstiger Drogenmißbrauch, Kriminalität und immer wieder völlig zerrüttete Familienverhältnisse ziehen sich wie ein roter Faden durch den Ritterclan, dessen Mittelpunkt Mutter Karin bildete. Hinzu kam eine offen rechte Gesinnung, die endgültig jede Hemmung, jedes Mitgefühl wegwischte und die Ritters zügelloser Häme aussetzte. Über fast drei Jahrzehnte konnte man von der heimischen Sofagarnitur aus mit fiebern, wie Karins vaterlose Söhne zu dumpfen Säufern und Galgenvögeln heranwuchsen. Wie die unüberschaubare Zahl ihrer zerlumpten Enkel zwischen Sperrmüll spielend einer trostlosen Zukunft entgegen vegetierte. Wir wurden Zeugen von Roheiten und Exzessen; von Abstürzen und im Keim gescheiterten Biographien. Immer wieder Konflikte mit einer unbeholfenen Obrigkeit, die dem bizarren Schauspiel den letzten Schliff verlieh. Ja – die Macher von RTL werden sich ein ums andere Mal diebisch gefreut haben über diesen Jahrhundertfund, den sie ausgemolken haben bis aufs Mark. Und ich muß mich schuldig bekennen, ich war ebenfalls lange einer der Voyeure, die sich gedankenlos an dem trostlosen Schicksal der Ritters ergötzt haben.
Zu ihrem Ableben salutiert die deutsche Journaille Karin Ritter noch mit einem letzten großen Rauschen. Genüßlich zelebrieren Boulevard- und Qualitätsmedien den endgültigen Abgesang der „Neonazi-Familie“. Schadenfroh suhlt man sich in den Einzelheiten und vergißt nicht zu betonen, wie einsam und verzweifelt das Sterben dieser gebrochen Frau von statten ging. Und spätestens an diesem Punkt setzte bei mir das – viel zu späte – Umdenken ein: Wer ist widerlicher – der Gestrauchelte oder derjenige, der sich an dessen Leid befriedigt? Hätte man vor allem den Lebensweg der Kinder und Enkel nicht vielleicht in positivere Bahnen lenken können? Genug Gewinn durch Werbe-Einnahmen haben die Macher garantiert über die Jahre eingestrichen. Vor allem aber: Ist es wirklich Zufall oder sind die Ritters nicht nahezu ein propagandistischer Musterfall? Denn sie sind – allen Defiziten zum Trotz – eine deutsche Familie. Hätte man auch dreißig Jahre lang einen asozialen, kriminellen Libanesen-Clan mit der Kamera begleitet? Hätte man einen volltrunkenen Eritreer zur besten Sendezeit gezeigt, der die eigene Mutter verdrischt? Natürlich nicht – denn darüber hätte man sich ja nicht unbedenklich amüsieren bzw. darüber erheben können. Afrikanischen Drogendealern errichtet man in dieser Republik Denkmäler. Vor arabischen Gangsterrappern machen deutsche Bürgermeister den Kotau. Genderfluide Transmenschen diktieren die Grenzen des gesellschaftlichen Konsenses. Und für Integrationsprojekte zugunsten Fremdstämmiger ist uns nichts zu teuer.
Nur der häßliche Deutsche, den lassen wir schön in der Gosse, wo er hingehört. Da kommt der Sozialstaat nicht ins Schwitzen. Dessen Schicksal soll uns nicht berühren. Der hat – zumal als Rechter – alles Schlechte verdient, was über ihn hereinbricht und dem reicht niemand eine unterstützende Hand. Ich möchte nicht mißverstanden werden: In jedem Volk gibt aussichtslose Asoziale, hoffnungslose Halunken und Gefallene, denen man einfach nicht helfen kann. Möglich, daß die Ritters allesamt in diese Kategorie fallen. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht hätte in einem gesunden Land, mit einer gesunden Volkssolidarität die Möglichkeit bestanden diese und viele andere deutsche Familien vor dem Untergang zu bewahren. Wenn es dazu einen politischen und gesellschaftlichen Willen gegeben hätte. Und so empfehle ich all den Bessermenschen, den Feuilletonisten und Selbstgefälligen mal einen kurzen Blick in den Spiegel. Aber Vorsicht – es könnte ihnen nicht gefallen, was sie da sehen. Und wenn ich das nächste Mal vom Tod einer Landsfrau erfahre, dann werde ich lieber zwei Mal nachdenken und mir meinen ironischen Kommentar verkneifen.