Eine Einführung in die Geschichte und das Exerzitium der Runen-Gymnastik - Teil 4

Veröffentlichung von Friedrich Bernhard Marby

Autor: Vrata

Manch einer behauptet, eine nach Plan durchgeführte, langandauernde Autosuggestion verfüge über die Fähigkeit, sich gar zu einer Kunst auszuformen. Denn die ständige Repetition einer bestimmten gedanklichen Vorstellung lässt diese gedeihen und sich allmählich verwirklichen. Was allerdings speziell Lomers Werk angeht, ist überhaupt der ganze Inhalt dieses Buches für alle jene wärmstens zu empfehlen, die sich selbst in geistig-spiritueller Hinsicht verfeinern und entwickeln wollen. Auch wenn für einige Leser manche Sachen nicht dem Zeitgeschmack entsprechend oder zu überholt erscheinen mögen. Doch das muss schon jeder für sich selbst entscheiden. Noch ein sehr empfehlenswertes Werk, ja der Klassiker der okkulten Literatur in reinster und klarster Ausprägung überhaupt, „Der Weg zum wahren Adepten“, stammt von Franz Bardon, dem wohl einflussreichsten Hermetiker und universellen Metaphysiker der neuen Zeit. Auch wenn Bardon von Runen in den meisten Fällen nur in Analogien schrieb, beherrschte er ihre Gesetze vollkommen und wusste diese selbstverständlich auch zu gebrauchen. Lediglich für seinen Schülerkreis erstellte er eine kleine Runen-Schrift für den inneren Gebrauch. In den gängigen Werken aus seiner Feder sind dagegen nur vereinzelnd Bemerkungen dieser Art zu finden. So finden wir in Bardons zweiten Buch sogar einen Hinweis auf die kosmische Intelligenz Ygilon, einem Vorsteher aus der Erdgürtelzone, samt dem dazugehörigen Siegel; welcher die wahre Runen-Magie lehrt. Doch dieser Zweig der rituellen Magie ist natürlich etwas für jene, die schon sehr weit vorgeschritten sind.

Kehren wir deshalb zu Franz Bardons ersten Werk und Dr. Lomers „Lehrbriefen“ zurück, welche insbesondere den Anfänger ansprechen. „Der Weg zum wahren Adepten“ und ebenso die „Lehrbriefe zur geistigen Selbstschulung“ stellen äußerst seltene Bücher der Metaphysik dar, weil sie folgerichtig in einzelnen aufeinanderfolgenden Entwicklungsphasen aufgebaut sind. Dr. Lomer äußerte diesbezüglich, dass jede Stufe ohne jede Einschränkung gänzlich erledigt, durchgearbeitet und innerlich verdaut sein muss, bevor die nächstfolgende Übung begonnen werden darf. Vor allem beim Bardons „Der Weg zum…“ handelt es sich um ein Wissen, welches früher nur in magischen Ordnen weiter gegeben wurde. Es dürfte klar sein, dass diese Exerzitien eine Lebensaufgabe darstellen, aber schließlich kennt der Volksmund auch den weisen Ausdruck: Gut Ding will Weile haben. Franz Bardon, welcher im Übrigen sowohl mit Dr. Lomer als auch mit F.B. Marby gut bekannt war und ebenso zu Peryt Shou eine persönliche Verbindung hatte, stellt, wie gesagt in seinem Einweihungsbuch neben Gedankenkontrolle und Gedankenzucht unter anderem auch die Herstellung eines Seelenspiegels vor, welcher auf die Erreichung von magischem Gleichgewicht abzielt. Dabei werden zuerst alle eigenen Eigenschaften, die guten wie die schlechten, den bekannten vier Naturelementen untergeordnet. Dadurch wird es ersichtlich, wo ein Überschuss, bzw. an welcher Stelle wiederum ein Mangel vorherrscht.

Über Bardons Erstlingswerk ließe sich noch enorm viel mehr sagen. Das gleiche gilt für seine beiden nachfolgenden Druckerzeugnisse, welche zwar von der theoretischen Seite für alle an wahrer Metaphysik und Mystik Interessierten sehr geeignet, für die wenigsten praktisch Arbeitenden jetzt schon zu gebrauchen sind, da sie in die Bereiche der Höheren Magie und Göttlich-Schöpferischer Magie münden. Generell weisen alle wahrhaften Okkultisten auf die nötige Reinigung des Geistig-Seelisch-Körperlichen, denn nur der Würdige wird geeignet und berufen sein, das Höchste zu empfangen. Um es mehr plastisch darzustellen: Würde jemand ernsthaft den rarsten, edelsten und kostbarsten Wein in eine Urinflasche füllen? Zu den oben erwähnten Verfahren gehört auch, weder dem Erfolg noch dem Misserfolg jegliche Beachtung zu schenken und dabei ausdauernd und geduldig zu sein. Bardon sagte dazu, jeder Misserfolg sei für unseren Elan, die Begeisterung dagegen ein Rückschlag. Das Scheitern ist nur ein Aufruf zu noch mehr Bemühung und zur verstärkten Auseinandersetzung mit dem eigenen Bewusstsein, der Betrachtung von psychischen Vorgängen (Introspektion oder Selbsterkenntnis). Ernsthaft und bemüht muss der Willige an sich arbeiten ohne von gewonnenen Errungenschaften sich entzücken zu lassen, beziehungsweise auf der anderen Seite, dem Gefühl der Entmutigung auf keinem Fall zu verfallen.

Kommen wir wieder zum eigentlichen Hauptthema zurück. Was sind eigentlich Runen? Selbstverständlich gilt auch in dieser Beziehung die bekannte Aussage, lediglich von einem äußerst schwachen und unvollständigen Versuch einer Erläuterung zu sprechen. Schließlich bedeutet das Wort „Rune“ so etwas wie Geheimnis und Mysterium. An sich sind die Runen zeitlos, es gibt weder einen Ort noch einen Zeitpunkt, an dem sie entstanden sind. In der Materie sollen sie in ihrer akustischen Ausprägung jedenfalls aus den Urlauten der Natur, d.h. den Selbstlauten A-E-I-O-U „hervorgegangen„ sein. Sie versinnbildlichen göttliche Mächte und äußern symbolisch durch ihre Gestalt die Schöpfungskräfte. Es sind lebende Bildzeichen, unerschöpflich und unergründlich. Die Runen stellen natürlich auch Schriftzeichen und Buchstaben; ursprünglich geritzte Buchen-Stäbe, dar. Dies ist jedoch, wie jeder weiß, nur eine weltliche Form ihrer Verwendung. Vor allem handelt es sich bei den Runen um magische Zeichen, die mit kosmischen, irdischen etc. Schwingungen, verschiedenen Kraftfeldern, den Göttern, den Elementen, magischen Volten, der Transzendenz; im Grunde genommen mit dem gesamten Sein, in Zusammengang stehen. Vielen wird auch bekannt sein, dass es nicht nur ein einziges Runen-Alphabet gibt, sondern mehrere Runenreihen mit einer unterschiedlichen Anzahl an Runen. Die Runenreihen werden bekanntlich „Futharks“ oder „Futhorks“ genannt. Sie unterscheiden sich vor allem durch Anzahl der Zeichen, aber auch die Runen selbst können in Form und Bedeutung zum Teil voneinander abweichen. Mir selbst sind elf verschiedene Runenreihen bekannt, wovon die längste 33 Runen, die kürzeste 16 Runen aufweist. Bei all den aufgeführten Runen-Reihen handelt es sich lediglich um verschiedene Variationen derselben Grundidee. Sicherlich von wesentlicher Bedeutung ist das Futhark mit den 18 Runen, denn auf jedes einzelne Zeichen kommt die entsprechende Strophe von Odins Runenlied, dem so genannten „Havamal“ (Odin = Od innen, der innerliche Geist), was es besonders authentisch und magisch macht. In der 18er Reihe ist nämlich ein inneres Ordnungsprinzip der kosmischen und metaphysischen Art vorhanden, welches in keinem anderen Futhark besser zur Geltung kommt. Wer sich mit dem spirituellen Erbe der Arier auseinandergesetzt hat, dem wird beispielsweise die besondere Zahl 18 (1+8 =9) bereits auch in der indischen Bhagavad Gita oder im Mahayana begegnet sein. Darauf kommen wir möglicherweise ein anderes Mal zurück.

Ja, Runen sind ferner Richtungszeichen, Raumzeichen, Kraftzeichen und Spannungszeichen. F.B.M. persönlich beschrieb sie desgleichen als Übungszeichen eines der germanischen Rasse artgemäßen Entwicklungs-, Gesundungs-, und Einweihungssystems natürlicher und einfacher Art. Schlussendlich als Zeichen des in der Runenübung selbst zur Rune werdenden Menschen. Mikrokosmos = Makrokosmos… Und das Wichtigste; die göttliche, schöpferische Ursprache! Zum Schluss.

Ich denke, der Sinn des nachfolgenden kurzen Textes sollte jedem gesundem Verstand von vornerein klar sein und eigentlich als überflüssig gelten, aber dennoch möchte ich mir in diesen merkwürdigen Zeiten eine kleine Bemerkung erlauben… Nun; für Schäden, welche durch ein falsches Herangehen an die Übungen an Körper, Seele und Geist entstehen können, übernimmt der Autor keine Haftung.