Rezension Werk Kodex 3 - Heidentum
Autor: Michael P.
Mit Fug und Recht bezeichnet sich der Werk Kodex als Magazin. Dieses Druckwerk ist mit einer solchen ästhetischen Präzision, einer solchen Liebe zum Detail und einer solch geradezu verschwenderischen Hochwertigkeit produziert, daß es einen dauerhaften Platz im Regal verdient und keinesfalls im Papiermüll entweiht gehört. Mit der dritten Ausgabe greift der Werk Kodex das ebenso streitbare wie spannende Schwerpunktthema Heidentum auf. Wer die diversen verfügbaren Interviews des WK-Schöpfers Baldur Landogart aufmerksam verfolgt hat, dem ist zwischen den Zeilen nicht entgangen, daß dieser sehr ambivalent zum Heidentum steht. Man könnte gar behaupten, er selbst hätte lieber einen anderen Fokus gewählt, aber getreu den selbst entworfenen Gesetzen beugt er sich dem Votum der Leser-Mehrheit. Doch dieser vermeintliche Nachteil, die kritische Distanz zum Subjekt, erweist sich im Druckwerk als Glücksfall. So verfolgt und betrachtet der Leser das Heidentum in sehr unterschiedlichen Facetten immer aus der wohlwollenden aber dennoch existenten Distanz des Redaktionsverantwortlichen. Der inhaltliche Reigen umfaßt dabei den rein biologistisch-rationalistischen Ansatz eines Dr. Pierre Krebs, dem die Vererbung alleine Gott genug ist – ein Standpunkt, den auch die sehr öffentlichkeitsscheue Artgemeinschaft zu vertreten scheint. Er verfällt ins Schwärmerische mit den beiden einzigen Autorinnen Swantje Swanhwit und Marion Schmeer – die aus dem übervollen Reichtum paganer Mystik schöpfen. Und er wandelt auch entlang analytischer Pfade, wenn sich etwa Axel Schlimper um die runische Herkunft christlicher Siegel Gedanken macht oder Bernhard Schaub ebenso nüchtern wir radikal mit dem abrahamitischen Monotheismus ins Gericht geht. Dieser Werk Kodex ist vielleicht noch mehr als seine Vorgänger für Eingeweihte und Kundige geschrieben. Er eignet sich weniger für Unbedarfte als etwa die unverfänglichere zweite Ausgabe zum Fokus Ernährung. Zugegeben schrammt der Heiden-Werk Kodex an vereinzelten Stellen zu eng an den tagespolitischen Untiefen entlang. Ein Balance-Akt, denn Landogart hat von Beginn an seiner Schöpfung immer den Anspruch der metapolitischen Zeitlosigkeit gesetzt. Das gelingt ihm im Wesentlichen auch, doch sei ehrlicherweise eingeschränkt, daß beispielsweise der Artikel über Remigration in seiner ungestümen Jugendlichkeit und in seiner plakativen Banalität nicht so recht in den Kanon der anderen Texte passen mag. Doch hier zeigt sich eben eine weitere Besonderheit des Werk Kodex. So durch konzeptioniert bis ins kleinste Detail alle gestalterischen Elemente sind, so heterogen ist der redaktionelle Fluß der Gastbeiträge, die das Rückgrat des Periodikums bilden. Landogart lässt seinen Autoren spür- und lesbar größtmögliche Freiheit. Das ist keinesfalls eine Schwäche. Gerade der stete Wechsel von rationaler und emotinaler – von lyrischer und akademischer Betrachtung trägt wesentlich zum Reiz des Werk Kodex bei. Hätte ich einen Wunsch frei, dann hätte ich noch einen Artikel von Varg Vikernes ersehnt, dessen Inkarnations-basierte Betrachtung des Heidentums, welche er sowohl auf vorzeitlichen Funden als auch auf dem Schatz der europäischen Sagen- und Märchenwelt gründet, die letzte hier unbeleuchtete Facette des paganen Brillanten beleuchtet hätte. Aber wer weiß – vielleicht ist dafür in zukünftigen Veröffentlichungen noch Raum. Ist also die Anschaffung zu empfehlen? Ohne jeden Vorbehalt! Den Werk Kodex liest man abends bei einem guten Dram Single Malt (oder wahlweise Rotwein, Gin Tonic respektive Quellwasser), zu den Klängen von Vivaldis Vier Jahreszeiten, nachdem die Kinder im Bett liegen und Ruhe im Haus eingekehrt ist. So wird er ein Hochgenuß für alle Sinne. Der Werk Kodex ist ein wichtiges Zeugnis, welches zweifelsohne die Zeiten überdauern wird. Egal ob die Menschen unserer Weltanschauung in 50 Jahren unter Trümmern kauern oder durch neu errichtete Tempel flanieren – der Werk Kodex wird ihnen ein verläßlicher Bote dessen sein, was zu unserer Zeit die Speerspitze der deutschfreundlichen Vordenker ausgezeichnet hat.