Ein Liebesbrief vom Staatsanwalt

 
Recht haben ist nicht gleich Recht bekommen.

Recht haben ist nicht gleich Recht bekommen.

Autor: Frank Kraemer

Neulich bekam ich Post von der Staatsanwaltschaft Rostock. Der Vorwurf: Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Selbstverständlich war ich erst mal sehr verwundert. Bin ich etwa unwissentlich einer etablierten Partei beigetreten oder in die Fänge des Verfassungsschutzes geraten? Weit gefehlt. Mir wurde zum Verhängnis, daß ich zwischen 2008 und 2011 ein Werbebanner für meinen Sonnenkreuz Versand in der Musiksektion des Thiazi-Forums geschaltet habe. Da dort wohl die ein oder andere strafrechtlich relevante Äußerungen getätigte wurde, meinte man, man holt mich gleich mit ins Boot der Angeklagten. Das ist natürlich ärgerlich, da ich mich an Forumsdiskussionen generell nicht beteilige. Doch waren meine bescheidenen Geldbeträge laut Staatsanwaltschaft ein Beitrag, um das Forum am Laufen zu halten. Macht das Sinn? Was passiert, wenn der Besitzer meiner Lieblingstankstelle um die Ecke unter der Ladentheke mit Waffen handeln würde? Mache ich mich dann durch mein Tanken ebenfalls strafbar, weil ich ihn unwissentlich unterstütze? Was wäre, wenn ich im Kölner-Stadt-Anzeiger Werbung schalten würde und ein Schreiberling eben dieser Zeitung irgendeinen Unsinn von sich gibt. Würde man mich ebenfalls strafrechtlich belangen? Wohl kaum. Auf genau letzteren Einwand, und daß ich als mutmaßliches Mitglied weder einen Mitgliedsausweis, noch einen Mitgliedsbeitrag gezahlt habe, noch einen der Betreiber persönlich kenne, antwortete mir der Herr Staatsanwalt wörtlich: „Maßgeblich ist viel mehr, daß Sie wissentlich den Umstand als Werbeeffekt nutzten, daß das Thiazi-Forum aufgrund seiner eindeutig strafbaren Inhalte einen hohen Verbreitungsgrad in der rechten Szene hatte, und Sie durch Ihre hohen Zahlungen in erheblichem Umfang zum Fortbestand der Internetplattform und damit zur fortgesetzten Verbreitung der strafbaren Inhalte beitrugen. Ich teile deshalb Ihre Rechtsauffassung nicht, daß es sich bei Ihren Zahlungen um sog. „neutrale“ Handlungen, vergleichbar mit der Schaltung von Werbung in dem Kölner Stadtanzeiger, handelte.“ Da ich mich, wie oben erwähnt, nicht an Forumsdiskussionen beteilige, noch einen Überblick über viele hundert Forenbeiträge hatte, waren mir somit keine „eindeutig strafbaren Inhalte“ bekannt. Außer, man stellt die abstruse Gleichung auf, daß „rechts“ gleichbedeutend mit „eindeutig strafbare Inhalte“ ist. Abgesehen davon halte ich vorsätzlich strafbare Handlungen entweder von V-Leuten fingiert, oder führe diese auf Dummheit der betreffenden Personen zurück. In beiden Fällen gäbe es von mir auch keine Unterstützung oder Werbung. Mit Logik braucht man in totalitären Regimen aber gar nicht erst anfangen.

Interessanterweise räumt man mir ein, daß mein Vergehen, das man mir zur Last legt, in der Tat eher geringfügig ist. Daher macht man mir das großzügige Angebot, das Verfahren zum Schnäppchenpreis von 900 € einzustellen. Nun sage ich mir als logisch denkender Mensch, daß mein Vergehen nach Aussage der Staatsanwaltschaft eh nur geringfügig ist, und die Chance auf eine Einstellung des Verfahrens recht hoch sein sollte. Doch Recht haben und Recht bekommen ist in einem Regime in dem Gesinnungsjustiz praktiziert wird immer so eine Sache. Nach Rücksprache mit meinem Anwalt könnte es weniger lustig werden. Nämlich dann, wenn die Staatsanwaltschaft auf die Idee kommen könnte, das Verfahren auch ohne Aussicht auf Erfolg gegen mich zu eröffnen um einen Mammutprozeß a la „Aktionsbüro Mittelrhein“ einzuleiten. Denn es gibt wohl massig weitere Angeklagte. Denn dann müßte ich als Angeklagter u.U. mehrmals die Woche zur Gerichtsverhandlung nach Rostock. Würde ich die Fahrt verweigern, würde man mich verhaften. Hätte ich viel Freizeit, würde ich das viele Reisen gerne auf mich nehmen. Es ist aber eher unwahrscheinlich, daß mein Arbeitgeber so freizügig mit Sonderurlaub um sich wirft, daß diese Option für mich in Frage käme. Somit bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als in den sauren Apfel zu beißen, und fast ein halbes Monatsgehalt dem brd-Regime in den Rachen zuwerfen. Und das nur für etwas Werbung!  Landläufig nennet man das Erpressung eines Schuldgeständnisses. Denn auf nichts anderes läuft es heraus.