Agora Ausgabe 1 – The Great Reset
Autor: Michael P.
An der deutschfreundlichen Denkfabrik Metapol führt in der intelligenten Rechten hierzulande kein Weg vorbei. Einen weiteren Beleg für diese These liefern die Verantwortlichen mit der ersten Ausgabe des Magazins Agora Europa. Ein Autorenstamm um Herausgeber Alexander Markovics befasst sich zur Premiere des neuen Periodikums mit einer der Schicksalsfragen unserer Zeit – der nach der politischen und ökonomischen Weltordnung. Ein besonderes Augenmerk richten die Verfasser, die sich überwiegend aus dem etablierten Metapol-Milieu rekrutieren, auf das World Economic Forum. Die detaillierte und aufschlussreiche Analyse des WEF vermittelt dem Leser einen fundierten Überblick, welcher ihm in einer häufig von Halbwissen dominierten Diskussion einen Vorteil verschafft.
Das Agieren des WEF ist gleichsam symptomatisch für das Kräfteringen zwischen neoliberalen Verteidigern der unipolaren transatlantischen Vorherrschaft und Vorkämpfern einer multipolaren Alternative. Die dahinterliegenden Zusammenhänge decken gleich mehrere Artikel auf. Hier zeigt sich bereits ein Wesenskern der bewusst spartanisch gestalteten Agora: Ein Sachverhalt wird von unterschiedlichen Personen aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Die daraus resultierende, partielle Redundanz ist nicht störend, sondern vertieft im Gegenteil den Lerneffekt. Da, wo die Ansichten divergieren, entsteht ein Debattenraum, welcher den Leser herausfordert die eigene Haltung zu finden. Dem von den Globalisten propagierten Great Reset stellt sich das sogenannte Great Awakening entgegen. Ein Kampfbegriff für diejenigen, die die Dominanz der alten Eliten nicht länger widerstandslos hinnehmen wollen und bereit sind eine fundamental andere Weltordnung zu errichten. Basis dieser politischen Ökonomie muss eine wieder erweckte Ethik sein, die sowohl in der abendländischen Tradition fußt, als auch anschlussfähig bleibt an die unverrückbaren Rahmenbedingungen unseres digitalen Zeitalters.
Nicht mehr alleine der Markt soll bestimmen dürfen, wer zu Profiteuren und wer zu Ausgebeuteten zählt. Es sei allerdings eingewandt, dass die Auffassungen der unterschiedlichen Autoren in diesem Punkt am deutlichsten voneinander abweichen. So präferiert der libertäre Michael Dangel klar den maximal reduzierten „Nachtwächterstaat“, wohingegen beispielsweise Tom Dieke ein deutlich spürbareres, regulierendes Eingreifen der Obrigkeit favorisiert.
Hochinteressant gestaltet sich auch Markovics Einführung in die Philosophie und Denkschule Alexander Dugins. Dieser steht der Agora sogar für ein persönliches Interview zur Verfügung. Bemerkenswert sticht auch das Gespräch des Magazins mit dem Digital-Spezialisten Konrad Winter hervor, welcher selbst der aktivistischen Rechten angehört. Er liefert überraschende Perspektiven auf den Begriff des Transhumanismus, welche die weit verbreitete, reflexhafte Ablehnung in ein neues Licht tauchen. Das ist Erkenntnisgewinn auf höchstem Niveau, wenn es Publizisten gelingt, vermeintlich starre Überzeugungen beim Leser aufzuweichen. Erfreulicherweise wird dieses Themenfeld der Schwerpunkt der nächsten Ausgabe darstellen – eine vielversprechende Aussicht. Etwas aus dem Rahmen – oder genauer aus der Zeit – fällt ein erstmals ins Deutsche übersetzter Artikel von Alain de Benoist. Dieser ist zweifelsohne lesenswert aber mit Blick auf die Thematik Globalisierung und Digitalisierung eben auch merklich in die Jahre gekommen. Das ist kein großer Makel, sei der Vollständigkeit halber aber erwähnt.
Die Aufmachung ist – wie bereits erwähnt – schlicht und textlastig. Illustrationen finden sich nur in jeweils zu Beginn der fünf Kategorien Agoge, Weitblick, Zur Sache, Ekklesia sowie Fazit. Es darf davon ausgegangen werden, dass diese Aufteilung sich in den künftigen Ausgaben wiederfinden wird. Die gestalterische Gradlinigkeit legt den Fokus jederzeit auf das geschriebene Wort. Nichts lenkt ab, nichts schweift aus. Die Agora stellt damit in gewisser Weise einen Gegenpol zum visuell und ästhetisch üppigen Werk-Kodex dar. In jedem Fall ist das vorliegende Format eine eigenständige Bereicherung, welches von Beginn an selbstbewusst seine Existenzberechtigung in der von Schwankungen unterworfenen, deutschfreundlichen Medienlandschaft verteidigt. Eine klare Kauf-, Lese- und Aufbewahrungsempfehlung.